01.06.2020

Endlich da: SIA 2060 für eMobility in Gebäuden!

eBlog Beitrag von Marco Piffaretti

Der 1. Juni 2020 ist für die Schweizer eMobility ein wichtiger Tag: das neue Merkblatt SIA 2060 Infrastruktur für Elektrofahrzeuge in Gebäuden (SNR 592060) tritt in Kraft! Damit soll Planungssicherheit geschaffen werden. Insbesondere soll vermieden werden, dass unnötige und falsche Investitionen vorgenommen werden; anderseits sollen die Voraussetzungen für die Anforderungen der zukünftigen Elektromobilität abgedeckt werden. Und: Ein Online-Konfigurator um kostenlos eine Ladeinfrastruktur gemäss SIA 2060 zu dimensionieren ist hier verfügbar: https://www.konfigurator2060.ch

Das ersehnte Merkblatt gilt für alle Gebäude mit Parkplätzen die in der Schweiz neu gebaut (oder umfassend saniert) werden und schreibt vor, was genau für jede der vier Ausbaustufen (sowohl für 2- wie für 4-rädrige Elektrofahrzeuge) geplant und gebaut werden muss. Für PKWs gilt folgendes:

a) „pipe for power“ (Einrichtung von Ausbaureserven: leere Leitungsinfrastruktur und Platzreserve für elektrische Schutzeinrichtungen und allfällige Stromzähler im Verteiler): für 100% der Parklätze;

b) „power to building“ (Einrichtung der Anschlussleitung): muss für 60-80% der Parkplätze ausgelegt werden;

c) „power to garage/parking“ (Stromzuleitung zur Ladestation, Einbau der elektrischen Schutzeinrichtungen und der allfälligen Kommunikationsverkabelung) muss für 60% bis 100% der Parklätze vorhanden sein, und

d) „ready to charge“ (Installation von betriebsbereiten Ladestationen) betrifft ab „Tag 1“ ein Minimum von 20% der Parkplätze (jedoch mindestens 1 Parkplatz für EFH und 2 Parkplätze für MFH).

Das wichtigste Sparpotential welches das Merkblatt SIA 2060 dem Bauherr garantiert, ist durch die 100%-Ausbaustufe a) gegeben: wenn auf jedem Parkplatz dank vorhandenem Leerrohr (oder Kabeltragsystem) eine Ladestation installiert werden kann, ohne Bohrer oder Säge in die Hände nehmen zu müssen, dann bedeutet dies, dass der Ausbau mit Ladestationen erst mahl kein Hindernis im Weg steht, und schnell und günstig möglich ist. Nachträglich eine Stromleitung zu organisieren, kostet typischerweise 10 bis 100 mahl mehr, als Lehrrohre sofort und auf jedem Parkplatz zu verlegen!

Der grösste Kostentreiber ist typischerweise, abhängig vom lokalen Verteilnetzbetreiber, die Stufe b), „power to building“: also der Netzanschluss. Um diesen in idealen Grenzen zu halten, muss bei mehreren Ladestationen ein Lastmanagement vorgesehen werden, welches durch Beeinflussung des Gleichzeitigkeits- und Nutzungs-faktors die Reduktion, Verlagerung und Priorisierung der Gesamtladeleistung ermöglicht. Bei der Installation von Ladestationen mit Lastmanagement (und/oder Zahlungssystem) muss zusätzlich eine Kommunikationsanbindung realisiert werden. Um sicher zu stellen das auch ein zukünftiger, weiteren Ausbau der Ladestationen möglich ist, müssen bereits die ersten Ladestationen regelbar sein. Ein Systementscheid (typischerweise zu Gunsten eines neutralen Herstellers, denn eine VW-Ladesäule würde mit einer Nissan-Wallbox nicht Kommunizieren!) muss zu Beginn, und in jedem Fall vor der Installation der ersten Ladestation, getroffen werden. Dies soll dann auch so im Mieter- oder Stockwerkeigentums-Reglement festgehalten werden: dort wird stehen, dass eine Lademöglichkeit erlaubt ist – aber dass man sich als Mieter oder Stockwerkeigentümer an das vordefinierte System anpassen muss, und ausschliesslich ein kompatibles Ladestation-Modell einsetzen darf. Damit das Lastmanagement auch V2H - „Vehicle-to-Home“ ermöglichen und optimieren (Eigenverbrauch und/oder Leistungsspitzen) kann, muss in diesem Reglement ebenfalls empfohlen werden, das Elektroauto immer mit der Ladestation zu verbinden (also auch wenn es nur halbleer ist).

Bei der Wahl des Lastmanagementsystems (idealerweise dynamisch, nicht statisch) sollte man unbedingt auch die DC-Ladestationen einbeziehen, die für Besucher und Kunden vorgesehen werden, welche in der SIA 2060 als PW Kurzaufenthalter” bezeichnet werden, und wofür Ladeleistungen zwischen 20 kW-DC und 150 kW-DC vorgesehen sind. Einige Hersteller (wie z.Bsp. der Schweizer Pionier und Swiss eMobility Mitglied EVTEC, https://www.evtec.ch aus Kriens) rüsten Ihre Geräte serienmässig mit einer „BARISTA“ genannte Regelsoftware aus, welche auch die verfügbare PV-Produktion und/oder stationäre Pufferbatterien mit einbeziehen kann: weil die besten DC-Systeme ebenfalls AC Ladungen regeln können, jedoch umgekehrt fast kein AC-Ladestationssystem fähig ist, DC-Geräte zu steuern, sind in der Praxis Regelsysteme von DC-Anbieter zu empfehlen.

Mit dem Merkblatt SIA 2060 wird die Schweiz nun plötzlich zum Paradebeispiel, wie man Gebäude für die eMobility vorbereiten muss, denn gegenüber der Deutschen VDI 2166-2 ist die Schweizer Norm um einiges detaillierter und aktueller. Das 44-Seitige Merkblatt SIA 2060 kann in deutscher, französischer und italienischer Sprache zum Preis von CHF 160.- bestellt werden über: http://shop.sia.ch oder per E-Mail an distribution@sia.ch

Was jetzt nur noch eine Frage der Zeit ist: wer wird der erste Kanton, oder Gemeinde (angefangen bei den Energie-Städten die ja vorbildlich sein wollen...) sein, welche das SIA 2060 Merkblatt als obligatorisch erklären wird, und es in seiner Bauordnung intergieren wird? 

Die nächste Priorität zum Thema eMobility – auch um die Ziele der Roadmap 15/2022 des Bundes, siehe https://roadmap2022.brainstore.com überhaupt zu ermöglichen- sollten den vielen bereits bestehenden Gebäude gewidmet werden: ideal wäre, wenn der Bund einen Teil der CO2-Sanktionen die von der Autoindustrie bezahlt werden, dafür einsetzen würde, und die Hausbesitzer für Umbauten von existierenden Gebäuden gemäss SIA2060 subventionieren würde.

Noch besser, es gäbe auch in bestehenden Gebäuden ein „Recht auf Ladestationen“ zugunsten des Mieters, wie es Deutschland vorsieht: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/neues-wohnungseigentumsrecht-1733600 

Hoffen wir mal, dass unser Parlament über diese wichtige Themen (sehr) bald positiv entscheiden wird!

Übrigens: diese Menschen haben SIA2060 möglich gemacht:

·         Jules Pikali, dipl. Masch.-Ing. ETH/SIA, Lucerna

·         Silvan Furrer, eidg. dipl. Elektroinstallateur, Frutigen

·         Jörg-Martin Hohberg, Dr. sc. techn., dipl. Bau-Ing. SIA, Bremgarten BE

·         Beat Kämpfen, dipl. Arch. ETH/SIA, Zurigo

·         Florian Kienzle, Dr. sc. techn. ETH, Zurigo

·         Marcel Mayer, eidg. dipl. Elektroinstallateur, Zurigo

·         Nicolas Müller, dipl. El.-Ing HTL, Granges-Paccot

·         Fabrizio Noembrini, Dr. sc. techn., dipl. Masch.-Ing. ETH, Bellinzona

·         Valentin Peter, dipl. Projektmanager HF, Zurigo

·         Krispin Romang, Betriebsökonom FH, Berna

·         Josef Schmucki, eidg. dipl. Elektroinstallateur, Fehraltorf

·         Karin Schulte, dipl. Natw. ETH, Glattbrugg

·         Markus Simon, dipl. Energietechniker HF, Zurigo

·         Matthias Vogelsang, BSc Gebäudetechnik SIA, Aarau

·         Stephan Walter, Dr. sc. ETH, Berna

·         Volker Wouters, dipl. El.-Ing. HTL/SIA, Aarau

·         Milton Barella, dipl. El.-Ing. ETH, Rovio

·         Giorgio Gabba, Dr. Ing., Rovio

·         Marco Piffaretti, Rovio

·         …und unser Held aus der SIA: Luca Pirovino, dipl. Kultur-Ing. ETH/SIA, Zurigo

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