24.04.2019
eBlog Beitrag von Josef Brusa (VR-Präsident, BRUSA Elektronik AG)
Immer wieder tauchen in den Medien Beiträge auf, die belegen wollen, dass EMobilität mehr CO2 produziert wie moderne Verbrenner. Liest man dann nicht nur die Schlagzeile, kommt dann oft doch noch der Hinweis, dass man dabei vom heutigen Energiesystem ausgeht, also unter anderem von viel Kohlestrom. Doch ist diese Betrachtungsweise sinnvoll?
Unsere
Gesellschaft steht vor grossen Herausforderungen. Da ist zum einen der
Klimawandel, jedoch auch die Frage, wie wir in Zukunft die Wirtschaft
und damit unseren Wohlstand antreiben wollen. Dass wir dabei nicht
weiterhin mit grossem Aufwand Rohstoffe und Energieträger abbauen
können, nur um diese anschliessend ein einziges Mal zu nutzen, sei es als
Wegwerfprodukt oder um sie einmalig zu verbrennen, liegt auf der Hand.
Um es anders zu machen braucht es einen grossen Umbau der Wirtschaft,
vor allem deren Abläufe und Materialflüsse. So ein Umbau dauert
Jahrzehnte.
Daher macht es keinen Sinn, neue Technologien auf Basis des heutigen oder gar gestrigen Zustandes zu beurteilen, sondern wir müssen antizipieren, wie die Welt in Zukunft aussehen könnte, wenn wir bestimmte Kombinationen von Massnahmen umsetzen.
Weil wir keine Zeit mehr verlieren dürfen, zieht man am besten nur Technologien in Betracht, die definitiv schon in Umsetzung sind oder in absehbarer Zeit greifbar werden. In Umsetzung sind z.B. Wind- und Sonnenenergie, die EMobilität ist noch ganz am Anfang, aber bereits deutlich greifbar.
Zukunft wagen
Greta Thunberg wird in etwa 50 Jahren pensioniert. Wie könnte die Welt aus technischer Sicht bis dahin funktionieren? Dass dabei auch politische Hürden überwunden werden müssen bewerten wir hier mal nicht weiter.
Im Jahr 2070 werden etwa 10 Mia. Menschen auf der Erde leben. Das sind 30% mehr als heute. Die meisten von ihnen wollen dann auf einem ähnlichen Standard leben wie wir, oder mindestens so, wie wir in den 70er des letzten Jahrhunderts. Eine dazu passende Wirtschaft mit heutigen Methoden zu betreiben würde global etwa fünfmal so viel Material und Energie verbrauchen wie heute. Das ist schlicht nicht möglich, stossen wir doch schon heute mit vielen Materialflüssen an Grenzen. Damit es also funktionieren kann, muss bis dahin der Materialeinsatz pro Wirtschaftseinheit massiv gesenkt sein.
Das tolle ist, dass gerade bei den erneuerbaren Energien der Materialverbrauch sehr viel geringer ist. Es braucht nur noch die Anlagen aus Material. Zum Betrieb braucht es keine Materie, wie Erdöl oder Gas. Die Energie fliesst als Elektronen durch Leitungen, im Stromkreis geht auch kein Elektron verloren. Die Anlagen und Leitungen können am Ende der Lebensdauer problemlos ins Recycling zurückgeführt werden. Ein Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energie verbraucht in diesem Sinne so gut wie kein Material. Im Gegensatz dazu verbraucht jedes Auto mit Verbrennungsmotor während der 15 Gebrauchsjahren im Durchschnitt etwa 15'000 kg Erdöl - unwiderruflich! Lediglich das Auto selbst kann man rezyklieren.
Erneuerbare Energien liegen meist in Form von Elektrizität vor. Daher wird sich individuelle Mobilität in 50 Jahren auch nur noch mit Elektrofahrzeugen aller Art abbilden lassen. Am Ende deren Lebensdauer sind die Fahrzeuge immer noch vorhanden, inklusive der wertvollen Rohstoffe in den Batterien und Motoren. Und weil wir bis in 50 Jahren ein hundertprozentiger Anteil an erneuerbaren Energien erreicht haben müssen, werden alle diese Produkte auch deutlich umweltfreundlicher hergestellt.
Neben der technischen Betrachtung gibt es auch gesellschaftliche Veränderungen, welche zur Lösung beitragen. Wir reisen vielleicht weniger und anders, zum Beispiel mit autonomem ÖV oder Car Sharing Konzepten. Was dann aber an motorisiertem Individualverkehr übrig bleibt, wird ganz bestimmt elektrisch angetrieben.
Welche Zukunft wollen wir?
Lasst uns eine solche Zukunft entwerfen. Dann beurteilen wir neue Innovationen aus dem Blickwinkel dieser Zukunft. Nur dann kommen wir zu den richtigen Ergebnissen und ermöglichen den entsprechenden Fortschritt.
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In unserem eBlog äussern sich ausgewählte
Autoren zu aktuellen Themen rund um die Elektromobilität. Der Verband Swiss
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